4. „Konstruktiver internationaler Dialog“

URSPRUNG UND VERWENDUNG

Dies ist ein weiteres scheinbar harmloses Konzept, das eine Vielzahl von Interpretationen zulässt. China bezog sich auf dieses Konzept in seiner Resolution des UN-Menschenrechtsrates zur „Förderung einer für beide Seiten vorteilhaften Zusammenarbeit im Bereich der Menschenrechte“. 2021 wurde sie erneut verabschiedet und in ihr wurde bekräftigt, dass die Arbeit des Rates von den Grundsätzen „Universalität, Unparteilichkeit, Objektivität, Nichtselektivität, konstruktivem internationalem Dialog und Zusammenarbeit“ geleitet werden sollte.

 

AUSWIRKUNGEN AUF DIE MENSCHENRECHTE

Eine glaubwürdige Zusammenarbeit und ein glaubwürdiger Dialog über Menschenrechte setzen voraus, dass alle Akteur*innen – nicht nur Staaten, sondern auch zivilgesellschaftliche Organisationen, Menschenrechtsverteidiger*innen, Journalist*innen und betroffene Gemeinschaften – ungehindert in internationalen Menschenrechtsmechanismen mitarbeiten können, ohne davon abgehalten zu werden oder Repressalien fürchten zu müssen. Sich mit Menschenrechtsverletzungen und -missbrauch zu befassen, darauf zu reagieren und zur Rechenschaftspflicht beizutragen, ist ein wesentlicher Bestandteil des Mandats des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen.

Ohne eine internationale Gemeinschaft, die bereit ist, Staaten, die die Rechte der von ihnen kontrollierten Menschen verletzen, beim Namen zu nennen und zu bestrafen, wäre es praktisch unmöglich, Regierungen für Menschenrechtsverletzungen wie wir sie in Kolumbien, Äthiopien, Ungarn, Russland, Myanmar, Syrien und anderswo erleben zur Rechenschaft zu ziehen. Stattdessen wären die Opfer von Menschenrechtsverletzungen begangen durch staatliche Kräfte oder große Unternehmen gezwungen, ihre Hoffnungen auf einen „konstruktiven internationalen Dialog und die Zusammenarbeit“ zu setzen, um ihre Notlage entweder zu beenden oder zu lösen.

Die Stimmen der Zivilgesellschaft würden ausgegrenzt oder zum Schweigen gebracht, weil sie nicht „konstruktiv“ sind. Wenn ein sehr mächtiger Mitgliedstaat überprüft würde, hätten es die Vereinten Nationen noch schwerer, die Stimmen ihrer eigenen Menschenrechtsexpert*innen und -verfahren zu unterstützen und zu verteidigen.