6. „Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten von Staaten“

URSPRUNG UND VERWENDUNG

Dieser Grundsatz wurde in Artikel 2 der Charta der Vereinten Nationen von 1945 ausdrücklich für die neu gegründete Organisation festgelegt. In diesem heißt es, dass die Charta der Vereinten Nationen nicht ein „Eingreifen in Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören“ rechtfertige, es sei denn, es handelt sich um ernsthafte Bedrohungen des Weltfriedens, Friedensbrüche oder Aggressionshandlungen. Der gleiche Grundsatz wird auch für die Beziehungen zwischen den Staaten zugrunde gelegt.

 

AUSWIRKUNGEN AUF DIE MENSCHENRECHTE

Mit seiner ständigen Mitgliedschaft im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und seinen regulären Sitzen in anderen Gremien der VN wie dem Menschenrechtsrat ist China in einer mächtigen Position, um eigene Prioritäten durchzusetzen oder Maßnahmen abzulehnen oder zu konterkarieren, die den Zielen der „Nichteinmischung“ zuwiderlaufen.

China verwendet den Grundsatz der „Nichteinmischung“ nicht nur, um Kritik an Menschenrechtsverletzungen im eigenen Land zurückzuweisen, sondern wendet diesen Grundsatz auch an, wenn es in anderen Ländern Geschäfte macht. Daher können Länder mit einer schlechten Menschenrechtsbilanz darauf vertrauen, dass chinesische Staatsunternehmen, die in ihrem Hoheitsgebiet tätig sind, bei dort begangenen Verstößen ein Auge zudrücken werden.

Im Extremfall würde „Nichteinmischung“ bedeuten, dass die internationale Gemeinschaft nicht mehr in der Lage ist, die Menschenrechtslage in einem bestimmten Land zu verbessern oder auch nur zu kritisieren. Die Straffreiheit für Menschenrechtsverletzungen würde gedeihen, wenn Versuche von außen gegen Verstöße vorzugehen ohne weiteres als „Einmischung in innere Angelegenheiten“ abgetan werden können. Das internationale Menschenrechtssystem existiert aber gerade deshalb, weil die Staaten häufig ihrer Pflicht zur Achtung, zum Schutz und zur Einhaltung der Menschenrechte nicht nachkommen und weil die Beendigung schwerer Menschenrechtsverletzungen ein Anliegen und eine Verpflichtung der gesamten internationalen Gemeinschaft ist. Menschen, die keinen Zugang zu wirksamen innerstaatlichen Rechtsbehelfen und Beschwerdemechanismen haben, müssen sich an Institutionen wenden können, die nicht der Kontrolle ihrer Regierung unterliegen. Institutionen wie die Vereinten Nationen, die das Völkerrecht vertreten, sollten in der Lage sein einzugreifen, wenn Regierungen nicht die Rechte der ihnen unterstellten Bevölkerungen schützen oder sie aktiv verletzen.